In Berlin erblickte ich das Licht der Welt recht gemächlich an einem Sonntag Mittag. Und schon früh zeigte sich meine Vorliebe für’s Geschichtenerzählen: Einmal turnte ich in den Kindergarten und verkündete: „Ich war im Urlaub in Schottland, und da gibt’s grüne Katzen!“ Ich weiß bis heute nicht, woher ich als kleines Kind wusste, dass es Schottland überhaupt gibt – aber Fantasie macht ja den Erzähler aus.

Bald wurde mir klar, dass Geheimagent, Feuerwehrmann und Pilot zwar aufregende Berufe waren, für mich aber nicht in Frage kamen. Also wollte ich bereits mit zehn Jahren Schriftsteller werden. Dann tat ich rund 20 Jahre lang erst einmal alles, außer zu schreiben.

Nach der Schule feilte, schraubte und schweißte ich ein halbes Jahr lang Metall, obwohl ich handwerklich nicht sehr begabt bin. Ich studierte Sozialarbeit, betreute Kinder in einem Schülerladen, in einem offenen Schulhort und auf Sommerreisen, arbeitete in einem Fotostudio und einem Versicherungsbüro, nahm Schauspielunterricht, sammelte Geld für den Umweltschutz … Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, aber manches liegt schon so lange zurück, dass ich den Überblick verliere. Geschichten haben mich dabei immer begleitet. Erzählt habe ich allerdings nicht mit dem Stift, sondern als Schauspieler auf kleinen Berliner Bühnen.

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Dann kam der Tag, an dem ich in Irland auf sehr hohe Klippen stieg – die Cliffs of Moher. Oben angelangt, träumte ich in den Himmel. Obwohl ich wusste, dass die Wolken immer noch viel zu hoch waren, streckte ich die Hand nach ihnen aus. Und plötzlich hatte ich die Idee zu meinem ersten Buch, „Der Herr der Wolken“. Nicht nur eine! Die Einfälle rauschten nur so durch meinen Kopf. Damals hatte ich noch kein Notizbuch dabei. Also mussten Kassenzettel von Supermärkten, alte Eintrittskarten und andere Papierfetzen herhalten – zum Glück hatte ich wenigstens einen Kugelschreiber.

Die Klippe ist nicht mehr im Buch zu finden. Aber ohne sie gäbe es das Buch nicht. Und vielleicht auch diese Homepage nicht. Denn wer weiß, ob ich ohne die Klippe angefangen hätte, zu schreiben.

NachdenklichHeute schreibe, übersetze und lebe ich immer noch in Berlin, Letzteres zusammen mit meiner Frau und unseren beiden Töchtern. Auch im Alltag muss ich mir ständig Geschichten ausdenken: wie es hinter dem Mond aussieht, wie man sich gegen Monster zur Wehr setzt, die einen nicht schlafen lassen, und, und, und. Das Ausdenken kann manchmal sehr anstrengend sein. Aber es kommt dabei immer zu überraschenden Begegnungen.